Mythos #48: Informationen wollen frei sein.
Mark Perry

Mythos: Informationen neigen von Natur dazu, sich zu verbreiten. Sie sollten kostenlos und frei zugänglich sein. Renommierte Wissenschaftler treten für den freien Zugang ein, und Kritiker geistigen Eigentums und Befürworter kostenloser Informationen nehmen diese Forderung sogar als Rechtfertigung für Hacking.

 

Stimmt’s? Selbstverständlich wollen Informationen selbst gar nichts, sondern werden vielmehr vom Willen des Menschen gesteuert. Seit der Mensch verstanden hat, dass er Informationen besitzt, weiß er um deren Verwendung und hat sie gegebenenfalls auch als wertvolles Gut an andere weitergegeben (# 9). Zwar lehnt das Recht den Erwerb von Eigentum an Rohdaten ab, da dies zu Einschränkungen des normalen täglichen Lebens führen würde, jedoch wurde die Offenheit des Informationsaustauschs im Lauf der Jahrhunderte durch Konzepte von Privatsphäre, Datenbankschutz (Europa), Datenschutz und verschiedene andere Mechanismen wie beispielsweise den Austausch beschränkende Gesetze über vertrauliche Informationen eingeschränkt. Bestimmte Daten, darunter Daten von Pharmazieunternehmen für die Prüfung eines neuen Produkts durch Zulassungsbehörden, sind ebenfalls geschützt (# 40). Andererseits – und dies mag einer der Ursprünge einer Form des Internetstehsatzes „Informationen wollen frei sein“ sein – sind die Kosten des Teilens von Informationen und der Gewährung breiter Zugänglichkeit durch das Internet gesunken. Was früher jahrelange Arbeit und große Summen gekostet hätte, kann nun der halben Welt mit einem einfachen Mausklick zur Verfügung gestellt werden.

Die Idee, dass Informationen ohne Nachteile für denjenigen, der sie weitergibt, geteilt werden können, war bereits Gegenstand diverser früherer Fälle im Bereich des IT-Rechts, wobei in den meisten Fällen die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft für Fälle von „Diebstahl“ von Informationen (da keine Wegnahme erfolgt ist) oder die Anwendbarkeit des Urheberrechts auf Datenzusammenstellungen abgelehnt wurde. Dies führte zu Gesetzesänderungen, die vom Datenbankschutz in der Europäischen Union bis hin zur Verabschiedung von Anti-Hacking-Gesetzen in den meisten Staaten reichen. Diese Gesetze gegen Hacking stellen den Zugang zu Systemen unter Strafe, wenn dies dem Zweck dient, auf Informationen zuzugreifen, sie zu ändern oder zu löschen. Der Trend geht dahin, dass jemand, der Zugang zu Daten hat, Informationen sammeln und das Material dann an Interessenten verkaufen kann. Häufig werden solche Geschäfte vertraglich eingeschränkt, um eine „Weitergabe“ der Daten zu verhindern, obwohl die Daten selbst möglicherweise nicht urheberrechtlich geschützt sind.

 

Stimmt also nicht! Nützliche Daten sind selten kostenlos, und zwar weder im Sinn von finanziellen Kosten noch im Sinn eines einfachen rechtmäßigen Zugangs. Informationen werden in beispiellosen Mengen und mit hoher Geschwindigkeit gesammelt, zusammengestellt und analysiert. Die meisten dieser Datensammelaktivitäten erfolgen durch Regierungen und Unternehmen, die sich Vorteile oder Einfluss auf das Verhalten jener Bürger*innen verschaffen wollen, deren Daten gesammelt wurden. Es ist vermutlich also eher der Mensch, der frei sein will, um es mit den Worten von Cory Doctorow zu sagen.

 


Quelle: Graham Greenleaf, An Endnote on Regulating Cyberspace: Architecture vs Law? 52 (1998) 21 (2) UNSW Law Journal, 593, http://www.austlii.edu.au/cgi-bin/viewdoc/au/journals/UNSWLawJl/1998/52.html; Steven Levy, „Hackers“ and „Information wants to be Free“, Medium (2014), https://medium.com/backchannel/the-definitive-story-of-information-wants-to-be-free-a8d95427641c.